Christen in der Türkei
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Mit
der mörderischen Eroberung von Konstantinopel (1453),
heute (seit 1930) Istanbul, ging die Herrschaft
des Abendlandes auf dem Balkan zu Ende. Ein
weiteres Vordringen und der zweimalige
gescheiterte Versuch der Eroberung von Wien (1529
und 1683) verhinderte die weitere kriegerische
Ausbreitung des Islam nach Europa.
Die christliche und jüdische Religion wird
seitdem in der Türkei und dem zersplitterten
Osmanischen Reich wenig geduldet.
In der Verfassung der Türkei wird nach Artikel
24 zwar jedem die Freiheit des Gewissens, der
religiösen Anschauung und Überzeugung
zugebilligt. Formal ist den Christen in der
Türkei sogar Mission erlaubt. Aber im gleichen
Artikel 24 steht auch: Die Religions- und
Sittenlehre wird unter Aufsicht und Kontrolle des
Staates durchgeführt. Religiöse Kultur und
Sittenlehre sind in den Schulen Pflichtfächer Das
Präsidium für Religionsangelegenheiten (Diyanet) überwacht die Religion und untersteht
der Staatsführung. Es kümmert sich um die
islamische Lehrmeinung. Die Institution ist mit
Sunniten besetzt.
In der Praxis haben christliche Missionare mit
Verfolgung zu rechnen. Innerhalb von Kirchen
müssen die Geistlichen behutsam predigen, da sie
von der Staatssicherheit beobachtet werden. Das
Christentum wird vom Präsidium für
Religionsangelegenheiten als große Gefahr eingestuft, die wohl weniger in
Extremismus als in der Gefährdung des
muslimischen Glaubens gesehen wird. In
Deutschland werden umgekehrt auch muslimische
Prediger vom deutschen Staat beobachtet. Es geht
hier nicht um eine Gefährdung eines Glaubens,
sondern um ein frühzeitiges Erkennen
extremistischer Tendenzen. In der Realität ist
die Religionsfreiheit in der Türkei sehr
eingeschränkt.
Religionsfreiheit heißt in der Türkei praktisch
nur, die Gedanken sind frei.
Ist das mehr als die Vefassung des Iran
verspricht (Grundsatz 13), nach der die Bürger
des zoroastischen, jüdischen und christlichen
Glaubens, frei ihre religiösen Pflichten im
Rahmen des Gesetzes (?) ausüben können ?
Nach offiziellen Angaben bekennen sich 92,4% der
türkischen Bevölkerung zum Islam. Der größte
Teil davon sind Sunniten, gefolgt von den
liberaleren Aleviten, die von den Sunniten nicht
als Muslime anerkannt werden. Bei Zahlenangaben,
über die große Mehrheit der Muslime in der
Türkei, werden sie aber vom Staat aus
politischen Gründen mitgezählt.
Die Christen in der Türkei wurden bedrängt,
vertrieben oder wie die Armenier ermordet oder
sie haben sich in die etwas sichereren
Großstädte zurückgezogen.
In der Türkei leben nur noch 0,2 % Christen (125.000
lt. Studie von 2006) und 0,04% Juden (23.000). Zu
Beginn des 20. Jahrhunderts lebten noch etwa 20%
Christen auf dem Gebiet der heutigen Türkei. Die
größte Gruppe unter den Christen bildet mit
etwa 65.000 Angehörigen die Armenisch-Katholische
Kirche. Dazu kommen 2000 griechisch-orthodoxe
Christen und 2000 syrisch-katholische Christen (Aramäer).
Die meisten Christen leben auch aufgrund der
Geschichte in Istanbul und in Antalya. Die
anderen Landesteile wurden weitestgehend von den
Christen verlassen.
Die relative Zahl der Moscheen pro 1000 Muslime
ist in Deutschland weit geringer als die relative
Zahl der Kirchen in der Türkei. Das ist aber
kein Beweis für eine hohe Präsenz der Christen
in der Türkei, sondern für deren Bekämpfung
und die Abdrängung in größere Städte, wo sie
allerdings keine neuen Kirchen bauen dürfen.
Der Kauf von Gotteshäusern oder Grundstücken
oder deren Neubau durch Juden und Christen ist so
gut wie unmöglich, da diese weder als Vereine
noch juristische Personen auftreten können. Auch
leerstehende Gebäude können von Gemeinden nicht
gemietet werden, höchstens von Privatpersonen,
mit denen die Gemeinden wiederum keine Verträge
schließen können. Für den Verkauf von
Gotteshäusern in verlassenen Gebieten gilt das Gleiche.
Die Tourismusbranche finanzierte und eröffnete
im Badeort Belek bei Antalya den Garten der
Religionen, mit je einem Gotteshaus für
die Juden, Christen und Muslime.
Der türkische Ministerpräsedent eröffnete
2004 das Projekt als Beweis für
Religionsfreiheit.
Unter dem von Atatürk durchgesetzten Laizismus,
versteht die Regierung in Ankara nicht wie wir,
die Trennung von Staat und Religion, sondern die
Nichteinmischung der Religion in die Politik. In
der Tükei bestimmt der Staat, was die Religionen
verkünden dürfen. Die Ausbildung der Imame
dirigiert der Staat. Mehr als 90% der Imame in
Deutschland wurden vom türkischen Staat bestimmt
und werden vom türkischen Staat bezahlt, dem sie
sich verpflichtet fühlen.
Die vergangenen Putschbemühungen der Militärs
richteten sich gegen den übermächtigen Einfluss
des Staates. Die Putschisten wollten nicht die
Religionsfreiheit durchsetzen, sondern eher den
Islam stärken und sitzen nun im Gefängnis.
Nun darf man aber nicht nur den Druck der Türkei
auf die Verbreitung des Islam in Deutschland
betrachten, sondern muss auch die Rückwirkung
der hier Lebenden auf ihr Ursprungsland
berücksichtigen. Sie haben unsere Freiheiten zu
schätzen gelernt. In der türkischen
Öffentlichkeit kann dieser Prozess allerdings
langwierig sein, da die in Deutschland Geboren in
der Türkei einen schweren Stand haben. Ältere,
die in Deutschland arbeiten oder gearbeitet haben,
werden hingegen von ihren Familien besonders
repektiert und bewirken eine hohe
Gastfreunlichkeit gegenüber deutschen Besuchern. |
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Muslime in Deutschland
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Aus
Dokumentationen:
Christen in der Türkei
(Auszüge sachlich, nicht wörtlich wiedergegeben)
Verlagsgruppe Bistumspresse
Burkhard Jürgens
Unter den 70 Millionen türkischen Staatsbürgern
leben Schätzungen zufolge etwa 100.000 Christen,
mehrheitlich armenisch-apostolische (ca. 65.000).
Einheimische Katholiken gehören meist zur armenisch-katholischen
(ca. 3.000) oder syrisch-katholischen Kirche (ca. 1.200).
Die 15.000 römisch-katholischen Christen sind
hauptsächlich Ausländer. Die türkische Verfassung
sieht eine strikte Trennung von Staat und Religion vor.
Nach dem Vertrag von Lausanne von 1923 werden einige
nichtmuslimische Minderheiten anerkannt; die römisch-katholische
Kirche fällt nicht unter diesen Vertrag. Auch die
anerkannten Religionsgemeinschaften sind für sich
genommen nicht rechtsfähig, können also keine Verträge
schließen. Gesetzesänderungen im Jahr 2003 brachten
Erleichterungen für Religionsunterricht und Kirchenbau;
ein Problem bleibt aber die Ausbildung von einheimischen
Geistlichen. Die Fragen spielen auch eine Rolle im Blick
auf die EU-Beitrittsverhandlungen.
FAZ 14.12.2001
Syrisch-orthodoxen Christen
Die meisten der ehemals 200 000 Angehörigen
dieser Minderheit haben ihr angestammtes Siedlungsgebiet,
den Tur Abdin, verlassen, sind nach Deutschland oder in
die skandinavischen Länder ausgewandert; etwa 12.000 von
ihnen wohnen heute in Istanbul, knapp 2.000 sind noch in
der alten Heimat geblieben.
So wie den syrisch-orthodoxen Christen ergeht es
im Prinzip allen christlichen Minderheiten in der Türkei.
Von einst 250.000 Griechisch-Orthodoxen in Istanbul sind
knapp 2.000 übriggeblieben, von mehr als zwei Millionen
Armeniern (in osmanischer Zeit) leben noch 80.000 im Land.
Alle Christen zusammen, einschließlich der Ausländer,
stellen heute einen Bevölkerungsanteil von weniger als
einem Prozent, Tendenz sinkend . Der Staat, dessen
Verfassung eine strenge Trennung von Politik und Religion
vorsieht, greift ständig in das Leben der Christen und
ihrer Kirchen ein.
Die Verfassung garantiert zwar das Recht des
einzelnen auf Religionsfreiheit. Aber keine christliche
Gemeinde darf neue Gebäude errichten. Die Griechen haben
in der Türkei mehr Kirchen, als sie brauchen. Sie
könnten vielleicht eine der nicht genutzten Kirchen
einer neu gegründeten türkisch-evangelischen Gemeinde
geben, die kein Gebäude hat. Das allerdings ist verboten
und kann zur Enteignung des Gebäudes führen. Da Kirchen
keine juristischen Personen, geschweige denn
Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, können
sie auch keine Immobilien als Geschenk annehmen oder
erben. Selbst das Mieten von Räumen ist ihnen verwehrt.
Eine weitere erhebliche Beeinträchtigung
kirchlichen Lebens ist das staatliche Verbot, Pfarrer und
Religionslehrer auszubilden. Vor 30 Jahren wurden alle
theologischen Hochschulen, christliche wie islamische,
geschlossen. Die islamischen konnten inzwischen wieder
öffnen, die christlichen nicht. Theologen aus dem
Ausland zu holen, ist ebenfalls verboten.
BR Weltspiegel
Wenig Rechte
Die Einweihung der katholischen Kirche St.
Nikolaus in Antalya signalisierte vor kurzem ein gewisses
Entgegenkommen des türkischen Staates. In einem
ehemaligen Internet-Cafe wurde ein Gottesraum für die 10.000
deutschsprachigen Christen, die sich an der Südküste
niedergelassen hatten, eingerichtet. "Mit diesem Tag
beginnt ein neuer Abschnitt in der Geschichte",
meinte Holger Nollmann, evangelischer Pfarrer in Istanbul.
Weniger optimistisch war Rainer Korten, der katholische
Pfarrer in Antalya. "Wir können zwar von einer
Religionsfreiheit für den Einzelnen sprechen, aber der
Status für die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen
ist sehr unbefriedigend." Die katholische Gemeinde
in Antalya wird vom türkischen Staat auch nur als Verein
anerkannt.
Aus den Nachrichten Jan. 2011
Die vatikanische Forderung, den Katholiken einen
Rechtsstatus anzuerkennen, wurde von der Türkei
abgelehnt. Sie beruft sich auf den Vertrag von Lausanne
mit den Siegermächten des 1.Weltkriegs, der nur Juden,
Armenier und Griechen als nichtmuslimische Minderheiten
anerkennt.
Armenier
Aus www.igfm.de/index.php?id=120
Der an Armeniern und assyrischen Christen
verübte Völkermord während des 1.Weltkrieges - also
vor der Gründung der heutigen Türkei - wird bis heute
geleugnet, abweichende Meinungen können mit schweren
Strafen geahndet werden.
Aus Wikipedia
Bei den größten Massakern und auf den
Todesmärschen 1915-1917, sowie während des Türkischen
Befreiungskrieges 1919-1921, kamen je nach Schätzung 600.000
bis zu 1,5 Millionen Armenier um. Die Übergriffe in den
beiden vorausgehenden Jahrzehnten hatten bereits weitere
hunderttausend armenischen Christen das Leben gekostet.Während
viele Armenier den Massenmord als ungesühntes Unrecht
empfinden, bestreitet die türkische Regierung, dass es
Massentötungen gegeben habe oder stellt Tötungen als
gerechtfertigte Reaktionen auf armenische Übergriffe
oder unvermeidliche Geschehnisse im Rahmen des Krieges
dar
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